22.03.2020

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Geht doch!

von Uli Hauser

Penguin Verlag

ISBN 978-3-328-10479-7

 

Von einem der wissen wollte, wie das geht: Gehen. Einfach mal raus, einfach loslaufen. Wie gut das tut, entdeckt der Journalist Uli Hauser bei seinem Spaziergang von Hamburg nach Rom.

 

Uli Hauser nimmt sich, wovon wohl viele träumen: eine Auszeit, "ein Mutausbruch ins Blaue hinein". "Ich hatte keinen Plan. Ich kannte nur die Richtung und ein paar Adressen. Ich wollte in den Süden, in die Sonne. Am Morgen wusste ich nicht, wo ich am Abend sein würde. Was mich erwartete. Ich nahm an, was sich mir bot. Einverstanden war ich. Kein: Ja, aber! Sondern: Warum nicht?"

 

"Ich nahm mir vor, mich nie wieder hetzen zu lassen. Weder von mir noch von anderen. Im Augenblick leben, das sagt sich so leicht: ich kam diesem Gefühl verdammt nah. Ich habe es mir erlaufen. Und kann jedem nur empfehlen, auch mal ein paar Schritte mehr zu wagen. Es muss ja nicht gleich so weit sein. Um die Ecke geht auch. Es ist keine Zauberei. Man braucht dafür keine Warnweste und keine bunten Schuhe, auch keine Extrahose mit Leuchtstreifen. Nicht immer wegfahren. Weggehen. Den Körper frei bekommen, und nicht nur den Kopf. Geht doch!"

 

Uli Hauser verschachtelt in seinem Buch Reiseerlebnisse, persönliche Erfahrung und Weiterentwicklung mit recherchierten Hintergrundinformationen. Dazu verwendet er eine dichte Sprache mit auffallend kurzen Sätzen. Sein trockener Humor erzeugte mehrfach ein schallendes Lachen .

 

"In der Zeitung steht, die Detuschen machten im Schnitt am Tag tausend Schritte. Mag sein, wer weiß das schon. Die Folgen falsch verstandener Bequemlichkeit werden mit Sätzen beschrieben, die stets mit denselben drei Worten beginnen: Immer mehr Menschen leiden, immer mehr Menschen haben, immer mehr Menschen müssen. [...] Das die Leute nicht mehr gut zu Fuß sind kostet Milliarden. Weltweit sollen jährlich drei Millionen Leute nur deshalb sterben, weil sie sich nicht genügend bewegen. Ich weiß nicht, ob das stimmt. Ich misstraue Zahlen, diese kommt vielleicht hin. Denn wir sind bequem geworden. Sparsam in unseren Bewegungen. Vom Bett in den Bus in die Bahn ins Büro. Vom Auto in die Garage in den Aufzug in die Garage ins Auto. Wir müssen nicht mal mehr zum Einkaufen raus. Menschen, die schlecht dafür bezahlt werden, Treppen zu steigen, bringen, was wir bestellt haben.

Wenn noch was geht, dann auf die Knochen. Vier von fünf Deutschen beklagen Schmerzen in Schultern und Nacken, Last mit der Wirbelsäule und Vorfälle mit der Bandscheibe. [...] Im Sportunterricht zwei Runden zu laufe, bedeutet vielen Kindern Höchststrafe; mal rückwärts ist auch ein Problem."

 

" Ich wurde zum Furchengänger. Trecker und Terrareifen hinterlassen erstaunlich breite Schneisen. Ich sah nicht viele Bauern. Der moderne Landwirt steuert sein Tun vom Mischpult. Dass der Bauer im Märzen seine Rösslein anspannt und seine Hände von früh bis spät rührt, singen sie heute nur noch im Waldorf-Kindergarten.  Die Tiere stehen im Stall und die Maschinen nie still."

 

Auf seinem Weg Richtung Süden begenet er unter anderen dem Wolfsexperten Kenny Kenners, der weltbekannten Physiotherapeutin Kirsten Götz-Neumann, Landeschef Bodo Ramelow und dem Schuhmacher Wolfgang Triebstein in Eisenach. Er besucht den Fußexperten Carsten Stark, die Nachtschutz-Beauftragte Sabine Frank und den Ex-Notarzt Armin, der nun Outdoorklamotten verkauft, um nur einige zu nennen. Abwechslungsreich, informativ, vielleicht bekehrend. Auf jeden Fall auch lustig, nie langweilig, unbedingt lesenswert.

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