Sonntagsbrötchen

Letzten Sonntag entdecke ich beim Joggen eine lange Schlange. Sie hat sich vor der Bäckerei gebildet und erinnert mich spontan an ein Gespräch auf einer Geburtstagsparty Anfang des Jahres.

 

Stell dir vor es ist Sonntag. Deine Familie sitzt gemütlich zu Hause am Frühstückstisch, quatscht ausgiebig und hat endlich einmal Zeit für Gemeinsamkeit – aber ohne dich. Du musst arbeiten. Du stehst seit den frühen Morgenstunden hinter der Ladentheke und verkaufst Brötchen für die, die gemütlich zu Hause sitzen.

 

Es gibt zweifelsohne Jobs, da muss Sonntagsarbeit sein. Mehr als einmal habe ich am Wochenende die Notaufnahme des Krankenhauses besucht. Und die Vorstellung, dass alle ÄrztInnen und PflegerInnen sich am Freitagnachmittag von den Patienten mit den Worten verabschieden: „Machen Sie es gut, halten Sie durch, wir sind ab Montag wieder für Sie da!“, ist glücklicherweise in unserem Land unvorstellbar. Ebenso bin ich dankbar für die Möglichkeit jederzeit 110 oder 112 wählen zu können.

 

Aber mal ehrlich: Warum müssen Bäcker an Sonn- und Feiertagen geöffnet haben? Gemäß Artikel 139 des Grundgesetzes ist Sonntagsarbeit grundsätzlich verboten. Darin heißt es: „Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.“ Da in einigen Branchen die Arbeit an Sonn- und Feiertagen unerlässlich ist, hat der Gesetzgeber im Arbeitszeitgesetz Sonderregelungen festgelegt. Neben den oben genannten Bereichen gelten die auch für Rundfunk und Presse, Verkehrsbetriebe, Gaststätten und Einrichtungen, in denen Tiere gepflegt werden müssen.

 

Der Gesetzgeber hat zum Schutz der Sonn- und Feiertage auch die Ladenöffnungszeiten in Deutschland geregelt. Innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Rahmens hängt es von der Entscheidung des Unternehmers ab, wann er seine Verkaufsstelle öffnet. Wikipedia stellt dazu fest: „Bei der Festlegung der Öffnungszeiten wird sich der Händler in erster Linie an der Nachfrage der Verbraucher ausrichten.“

 

Die Verbraucher, das sind wir. Wir bestimmen also mit unserem Kaufverhalten, ob es für einen Bäcker lukrativ ist sein Geschäft zu öffnen oder nicht. Und nun stellt dir vor es ist Sonntag und keiner kauft Brötchen. Für den Unternehmer rechnet sich die Öffnung nicht. Sein Geschäft bleibt geschlossen und die Mitarbeiter zu Hause. Die aus der Backstube übrigens auch.

 

Arbeitsplätze ?!? Kein Bäcker wird Fachkräfte entlassen weil der Umsatz am Sonntag sinkt. In der Branche herrscht zurzeit Arbeitskräftemangel. Und wenn du tatsächlich Sorge um die finanzielle Situation deines Bäckers hast, kaufst du einfach am Samstag die doppelte Menge und backst die Brötchen am Sonntag nochmal kurz auf. So wie früher. Frag doch einfach beim nächsten Einkauf oder in deinem Bekanntenkreis die BäckereifachverkäuferInnen, ob sie gerne Sonntags arbeiten. Ich habe da sehr eindeutige Antworten bekommen.

 

Vielleicht hast du ja auch mal Lust selber Brötchen zu backen. Mit einem Klicke auf die Brötchen-Fotos gelangst du zu den Rezepten.

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